Die Fachschule für Heilpädagogik stellt sich vor: Die "offizielle" Seite
An der Josef-Pieper-Schule in Rheine ist seit mehr als 25 Jahren eine kleine, aber feine Fachschule beheimatet, die traditionell Erzieherinnen,
Heilerziehungspflegern und anderen Berufsgruppen die Möglichkeit bietet, sich weiter zu qualifizieren und den Abschluss als staatlich anerkannter
Heilpädagoge zu erwerben. Der Bedarf nach Fachkräften im Erziehungswesen, die frühzeitig Entwicklungsgefährdungen oder Verhaltensprobleme bei Kindern
erkennen und individuell pädagogisch begleiten können, wächst in unserer Gesellschaft stetig.
Die soziale und rechtliche Situation von Menschen mit Beeinträchtigungen in Deutschland ist durch die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention deutlich
verbessert worden. Das Recht auf Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen am gesamten gesellschaftlichen Leben und das Recht auf die eigenverantwortliche
Wahl und Gestaltung des Schul- und Berufsweges unter dem Vorzeichen der Inklusion verändern die Bildungslandschaft und das Arbeitsleben mehr und mehr.
Der Bildungsgangleiter der Fachschule für Heilpädagogik Günter Kleine-Katthöfer fasst das Besondere und Einzigartige der Fachschule für Heilpädagogik
so zusammen: "Heilpädagogik ist die Kunst der pädagogischen Wahrnehmung des Besonderen und Einzigartigen eines Menschen, nicht einzelner Fehler oder Macken,
die durch Erziehung beseitigt werden müssen. Den Reichtum, der in jedem Menschen in seinen Fähigkeiten und Begabungen liegt, kann man sichtbar machen und als
"pädagogischen Schatz" heben. Das ist der Schlüssel zu Inklusion."
Deutsch, Recht und Politik, stehen als Lernbereiche "Theorie und Praxis der Heilpädagogik", Medizinische Grundlagen der Heilpädagogik, Anthropologie
und Ethik auf dem Stundenplan. Handlungsorientierte Unterrichtsinhalte wie die Einführung in Musik und Rhythmik, Spielpädagogik, Psychomotorik und
Beratungsverfahren vervollständigen das Bild einer praxisorientierten Ausbildung, zu der auch der praktische Einsatz (420 Stunden) in Einrichtungen der
Behindertenhilfe zählt.
Fasst man jetzt das Besondere und Einzigartige der Fachschule für Heilpädagogik ins Auge so gibt es eine pädagogische Grundlinie, die sich seit ihrer
Gründung 1991 durch ihr Selbstverständnis als "Fachschule der Fachschulen" zieht:
- Studierenden ein Bewusstsein zu vermitteln, dass sie stellvertretend für beeinträchtigte Menschen oder deren Angehörige zur Vermenschlichung der
Gemeinschaft beitragen;
- Heilpädagogik zusammen mit den Lehrenden als gemeinsames Projekt vorantreiben und erleben im Sinne von Lernpartnerschaft;
- Die "dialogische Beziehung" als Zentrum der Heilpädagogik, der eigenen Reifung und personenzentrierten Erwachsenenbildung zu verinnerlichen.
... So viel zum äußeren Selbstverständnis der Fachschule für Heilpädagogik. Aber wie erleben die Studierenden diese Schule? Zum Abschluss ihrer Ausbildung habe
ich den HP-Kurs 19/21 gebeten zur "Philosophie" der FSHP jeweils ein Statement abzugeben.
Die "inoffizielle" Seite: Das meinen die Studierenden



Fenster schliessen
Fachschule für Heilerziehungspflege
Heilerziehungspflege versteht sich im Kern als systemisch-ganzheitliche Lebensbegleitung und orientiert sich am Lebenslauf des einzelnen Menschen mit
Behinderung sowie an dessen konkreten Lebensvollzügen. Dabei ist die Pflege ein bedeutender und integraler Bestandteil heilerziehungspflegerischen
Handelns.
Die Aufgaben von Heilerziehungspfleger*innen orientieren sich am SGB IX, wonach Menschen mit Behinderung und von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen
erhalten, um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu
vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
Die heilerziehungspflegerische Unterstützung, verstanden als eine bedürfnisorientierte Assistenz in Form einer Hilfe zur Selbsthilfe,
zielt dabei darauf ab, auf dem Fundament einer wertschätzenden, bedingungslos akzeptierenden und kongruenten Haltung sowie einer vertrauensvollen Beziehung,
Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, weitgehend selbständig individuelle Stärken und Entwicklungspotenziale erkennen und entfalten zu können.
Im Jahre 2010 machten die ersten Heilerziehungspfleger*innen ihren Abschluss an der Josef-Pieper-Schule. Seitdem hat sich der Bildungsgang weiterentwickelt und
sich an unserer Schule zu einem festen Bestandteil etabliert. Neben den Unterrichtsinhalten beispielsweise in Theorie und Praxis der Heilerziehung, Gesundheit und
Pflege, Psychiatrie, Organisation/Recht/Verwaltung sowie im Rahmen der "methodischen Schwerpunkte" machen die Studierenden wertvolle Praxiserfahrungen.
So absolvieren sie zwei jeweils achtwöchige Praktika in verschiedenen "Einrichtungen der Behindertenhilfe". Zudem ist das dritte Jahr der Ausbildung als
Berufspraktikum schwerpunktmäßig in der Praxis angesiedelt.
Weiterhin engagieren sich die angehenden Heilerziehungspfleger*innen beispielsweise während der Friedensspiele in Münster und bei Kooperationen mit anderen
Einrichtungen im Rahmen des Projektunterrichtes und nehmen an Bildungsfahrten (z. B. zur Gedenkstätte für Opfer der NS-"Euthanasie" in Bernburg sowie zu den von
Bodelschwighschen Stiftungen in Bethel) teil.
Seit einigen Jahren profitieren die Studierenden auch von dem Projekt "Babywatching". Hier erleben sie über ein Jahr lang wöchentlich die Interaktion
zwischen einem Elternteil und dessen Baby sowie die Entwicklung des Kindes mit.

Neben all diesen Erlebnissen, Lerninhalten und Möglichkeiten zeichnet den Beruf des/der Heilerziehungspfleger/in aus, dass er von sehr viel Menschlichkeit,
Empathievermögen und Reflexionsfähigkeit bei der Arbeit mit Menschen mit Behinderung geprägt ist.
Studierende der Unterstufe der Fachschule für Heilerziehungspflege stellten Ihre bisherigen Erfahrungen wie folgt dar:
-
Hilfestellung
-
Zusammenhalt
-
Begleitung
-
Pflege
-
Alltag
-
Gesellschaft
-
Bildung
-
Inklusion
-
Gewissenhaftigkeit
-
Hilfe zur Selbsthilfe
-
Assistenz
-
Verständnis
-
Gemeinschaft
-
Unterstützung
-
Reflexion
-
Gleichberechtigung
-
Selbstständigkeit
-
Freizeit
-
Empathie
-
Wertschätzung
- .....
Abschließend noch einige "Statements" von Studierenden der Oberstufe der Fachschule für Heilerziehungspflege:
"Die Fachschule für Heilerziehungspflege bietet einem die Möglichkeit sich in verschiedenen Bereichen einzubringen, sei es in Form der Schülervertretung
oder durch das Einbringen ins Unterrichtsgeschehen.
Aus eigenen Erfahrungen heraus kann ich sagen, dass auch das Äußern der eigenen Meinung nicht runtergeschraubt wird, sondern als positiv geachtet wird.
Die Schule versucht nicht, Persönlichkeiten "unterzubuttern", sondern versucht selbstständige, individuelle Heilerziehungspfleger auszubilden..."
"Das Tolle an der Schule ist, dass es sich nicht wie jede andere Schule anfühlt. Gemeinsames Lernen beschreibt es besser."
"Ich verbinde mit der Schule, dass man sich auch im höheren Alter noch trauen kann, auf der Josef-Pieper-Schule eine Ausbildung zu starten. Man wird
aufgefangen und unterstützt."
"Die Ausbildung bereitet mich theoretisch und praktisch gut auf meinen späteren Arbeitsalltag als Heilerziehungspflegerin vor. Als HEP öffnen sich mir viele
Türen. Ich kann entscheiden, ob ich mit jung oder alt zusammenarbeiten möchte und auch die Liste der Einrichtungen, in denen ich tätig werden kann, ist lang."
"Für mich macht der praxisnahe Unterricht die Ausbildung aus."
"Ich finde den Bildungsgang sehr interessant und er kann einem auch sehr Spaß machen. Zudem lernt man auch viel über sich selbst und seine Grenzen..."
"Die Fachschule Heilerziehungspflege an der Josef-Pieper-Schule ist für mich besonders, da die Schule ihre Schüler individuell und mit Einbezug der jeweiligen
Kompetenzen fördert. Rückfragen werden durch Lehrkräfte immer beachtet und beantwortet, man hat nie das Gefühl, mit Problemen und Sorgen, egal ob im privaten
oder beruflichen Umfeld, allein gelassen zu werden. Die Lehrkräfte und die Schule bieten einem immer ein offenes Ohr und Hilfe, wenn es Probleme gibt und
probiert mit einem diese zu bewältigen, ohne Nachteile für die Ausbildung befürchten zu müssen."
"Unterstützung und die Suche nach einem passenden Praxisplatz, sind durch viele Lehrkräfte mit verschiedensten Erfahrungen in allen Bereichen der Heilpädagogik
und dem dadurch möglichen Austausch eine Bereicherung."
"Die Schule selbst mit ihrer ruhigen Lage, die vielen Möglichkeiten in Pausen und Selbstlernstunden die Natur um die Schule herum zu nutzen oder auch
psychomotorik Unterricht in dieser stattfinden lassen zu können, sorgen für eine besondere Lern- und Arbeitsatmosphäre mit Naturbezug, welches man auch
für die zukünftige Arbeit als Inspiration nehmen kann."
"Der Umgang zwischen Lehrkräften der Fachschule und den Schülern lebt vom regen Austausch von Erfahrungen und basiert auf einem respektvollen Umgang auf
Augenhöhe. Dadurch entstehen zwischen Lehrkräften und Schülern enge professionelle Beziehungen, die es den Schülern ermöglichen über sich selbst im
Unterricht und in den Praxisstellen hinauszuwachsen und das eigene Potenzial komplett auszuschöpfen, da sie die Unterstützung und den Rückhalt ihrer
Lehrkräfte haben und sich bei Unsicherheiten auf diese verlassen können."
"Der praxisgestützte Unterricht ermöglicht viele methodische Zugänge, die helfen das Lernen praxisnah und echt zu gestalten..."


Fenster schliessen
Lernfelddidaktik in der Erzieher*innenausbildung
In der Ausbildung von Erzieher*innen hat es in den letzten Jahrzehnten immer wieder Veränderungen
gegeben. Gründe dafür sind vor allem in den gesellschaftlichen und bildungspolitischen Bedingungen
des sozialpädagogischen Arbeitsfeldes auszumachen, die ein Umdenken und eine Neuausrichtung
der bisherigen Ausbildung erforderten. Als eine der wesentlichen Veränderungen ist in diesem Zusammenhang die Einführung der Lernfelddidaktik zu
nennen, die in einen längeren curricularen Prozess in der Kultusministerkonferenz (KMK 1999) eingebunden ist. Ergebnis dieses Prozesses ist die Entwicklung des kompetenzorientierten Qualifikationsprofils (2011), welches zu einer bundesweiten Einigung im Hinblick auf das Berufsprofil und die Kompetenzen von Erzieher*innen sowie zu einer Einstufung auf
der Niveaustufe 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) geführt hat. Die Einführung dieser Niveaustufe auf dem Weg einer zunehmenden Professionalisierung des Erzieher*innenberufs forcierte die Implementierung lernfeldorientierter Lehrpläne in den einzelnen Bundesländern respektive zwischen 2000 und 2005 auch in die Lehrpläne der Fachschule für Sozialpädagogik.
Dies hatte Folgen für die Fachschulausbildung:
Die bis dato bestandene Fachsystematik mit ihren spezifischen inhaltlichen Fächerzuordnungen, die aus den 70er und 80er Jahren herrührten, hielt den zunehmend komplexeren Anforderungen an das Berufsbild nicht mehr stand.
Standen bislang beispielsweise die fachwissenschaflichen Themen von Fächern wie Pädagogik, Psychologie und Soziologie im Zentrum unterrichtlichen Geschehens, geht es jetzt um eine mehr ganzheitlich integrierte Perspektive.Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass parallel dazu auch die Akademisierung der Erzieher*innenausbildung vorangetrieben wurde, um dem Anspruch nachzukommen, komplexer werdende Aufgabenstellungen im Erziehungsalltag gerecht werden zu können.
Das Konzept der Lernfelddidaktik, das durch den Beschluss der Kultusministerkonferenz immer mehr Verbreitung fand und nach einer ersten Umsetzung in den Fachschulen für Sozialpädagogik in Nordrhein-Westfalen 2014 einer Überarbeitung unterzogen wurde, impliziert, dass Fachwissen, didaktisch aufbereitet, nicht mehr einzelnen Fächern zugeordnet und somit isoliert unterrichtet werden soll, sondern in einem professionellen, anwendungsorientierten Setting zu betrachten ist.
Die Studierenden sind dabei Akteure ihrer eigenen Kompetenzentwicklung, die mittels Eigensteuerung ihren Lernprozess und den damit verbundenen Kompetenzzuwachs forcieren.
Im Zentrum der Lernfelddidaktik stehen exemplarische Lernsituationen/berufliche Handlungssituationen, die unter didaktisch-methodischen Gesichtspunkten bearbeitet werden.
Mittels konkreter Schrittfolgen werden diese eruiert und vor dem Hintergrund fachtheoretischer Wissensbezüge analysiert. Diese führen zur Entwicklung beruflicher
Handlungsmöglichkeiten bzw. - perspektiven und letztlich - mit zunehmenden praktischen Erfahrungen - zur Ausbildung einer beruflichen Handlungskompetenz. Diese umfasst nicht nur Wissen und Fertigkeiten, sondern impliziert auch eine besonders im sozialpädagogischen Arbeitsfeld geforderte professionelle Haltung, die als Ergebnis von Lern- und Ausbildungsprozessen zu sehen ist.
Die Rolle der Lehrenden ist dabei analog zur Rolle der Studierenden einer Veränderung unterworfen.
Es geht bei diesem Prozess um eine Weiterentwicklung der Lehrer*innenrolle zu einer Moderator*innenrolle von didaktisch strukturierten bzw. aufbereiteten Unterrichtssequenzen, die in den Mittelpunkt des unterrichtlichen Geschehens gestellt wird.





Fenster schliessen